Man muss nicht zweimal auf den Namen des Restaurants schauen, um zu wissen, wer der Star in der MYO Hand Roll Bar ist, der gastronomischen Neueröffnung im Stadtteil Chamberí. Hier ist die Handrolle viel mehr als ein importierter Trend: Sie ist eine Absichtserklärung. In einem Raum, der das Format des japanischen Temaki aufgreift, es aber mit dem sozialen Geist einer mediterranen Bar verbindet, wird bei jedem Bissen ein Gleichgewicht zwischen Technik, Produkt und Geschmack angestrebt.
Die MYO-Bar ist erst seit wenigen Wochen geöffnet, aber sie trägt bereits die Handschrift von Küchenchef Álvar Fernández, dem ehemaligen Souschef des Ugo Chan, das Dabiz Muñoz als eines seiner Lieblingsrestaurants in Madrid bezeichnete. Fernández hat einen Teil der Omakase-Philosophie auf ein zwangloseres Format übertragen, ohne dabei auch nur einen Hauch von Anspruchslosigkeit zu verlieren. Das Ergebnis sind Bissen, die man mit der Hand essen kann und die wie Haute Cuisine schmecken, bei einem Durchschnittspreis von etwa 50 €.
Das Handbrötchen als feste Verpflichtung
An der Theke – durchkreuzt vom flotten Rhythmus der Itamae und dem ständigen Gemurmel der Gäste – ist der Protagonist immer derselbe: knusprige Nori-Algen, die eine Reihe von ebenso unerwarteten wie harmonischen Kombinationen tragen. Zwei von ihnen verdienen eine besondere Erwähnung, weil sie in ihrem eigenen Licht erstrahlen: die Handrolle vom Wolfsbarsch mit Rinderfett und der Thunfisch mit Tomate und Regañás, ein Bissen, der mit einem Fuß in Japan und mit dem anderen in Sevilla steht.
Jenseits des Seetangs: Vorspeisen, Cocktails und Dekoration

Das Menü beginnt mit Vorspeisen, die etwas spärlich ausfallen und vielleicht ein wenig mehr Zeit brauchen. Der Seebarsch Usuzukuri leidet zum Beispiel unter einem Übermaß an Olivenöl, und das mit Ventresca (Thunfischbauch) gefüllte Ei erinnert eher an ein traditionelles spanisches Gericht als an eine Fusion zweier Länder.
Die Udon Carbonara – eigentlich eine dünnere Nudel als Udon und nicht wirklich Carbonara, weil sie Thunfisch statt Guanciale enthält – ist eine dieser Kuriositäten, die funktioniert. Sehr gut kalibriert, ist es sicherlich die lohnendste Vorspeise.
Der Raum passt dazu. Das vom Studio Plutarco entworfene MYO spielt mit wechselndem Licht, industriellen Materialien und einer Bar, die als Bühne dient. Tagsüber ist es ein lebendiger und leuchtender Ort. Nachts wird es intensiver, mit lauter Musik und einer Cocktailbar im Ausschank – signiert von Diego Cabrera –, die Referenzen wie den Matcha Mule oder Grapefruit Sake vorstellt, unübersehbare Schlucke, die perfekt zu den Brötchen passen.
MYO und das Handroll-Fieber in Madrid
MYO kommt nicht allein. In den letzten Monaten konnte man in Madrid beobachten, wie sich die Bars für Handröllchen überall in der Stadt vervielfachten: vom erschwinglichen Angebot des Chiru in Chueca bis zur minimalistischen Bar Umiko in der Nähe von Sol, über Pioniere wie Akiro oder die Konsolidierung von Kaito. Aber MYO hebt sich dadurch ab, dass es inmitten des Lärms seine eigene Stimme gefunden hat: eine, die japanische Präzision, lokale Bezüge und einen Raum zum gemeinsamen Genießen vereint.
Es ist kein Restaurant für gelegentliche Besuche, sondern eines, in das man immer wieder zurückkehren möchte, um zu sehen, wie sich die Speisekarte entwickelt, welche Änderungen bei den Vorspeisen vorgenommen werden, welche neuen Handröllchen integriert werden oder einfach, um den Wolfsbarsch zu wiederholen, der mit etwas Glück noch auf der Theke liegt.

